Familienchronik

Meilensteine meiner Familiengeschichte, Teil VIII

galgenhumor
Sogenannte „stille Feiertage“ wie den heutigen Volkstrauertag begeht man hierzulande traditionell in dumpfer Verkniffenheit. Jedweder Frohsinn ist bekanntlich polizeilich untersagt, und dringt doch einmal ein verirrter Lacher nach drauรŸen, so ist wenigstens mit empfindlichen Gefรคngnisstrafen zu rechnen.

Man mรถchte in Anbetracht dieser allumfassenden Getragenheit fast meinen, die vollstรคndig humorbefreite Volkstrauer sei dem Deutschen schon immer inhรคrent; dabei wurden im Laufe der strahlenden Geschichte unserer Heimat durchaus nennenswerte Versuche unternommen, den heiligen Ernst zeremoniell bedeutsamer Vorgรคnge durch etwas subversiven Frohsinn aufzulockern. Und als absoluter Vorreiter dieser Bestrebungen darf ohne Zweifel mein Ahnherr Johan-Heinrich von Friedel (1598-1638) gelten, der sich in der fast allen Historikern als wenig unterhaltsam geltenden Zeit des DreiรŸigjรคhrigen Krieges als Pionier der trutzigen Heiterkeit hervortat.

Johan-Heinrich, der auf Wunsch seines Vaters den Beruf des Offiziers ergreifen musste (zur damaligen Zeit fast die einzige Karriereoption mit Perspektive), konnte sich in den Reihen seines Regiments schnell den Ehrentitel „Wallenstein des Frohsinns“ sichern. Schon die ausgesprochene Situationskomik des kriegsauslรถsenden Prager Fenstersturzes blieb ihm, ganz in Gegensatz zu seinen Zeitgenossen, keineswegs verborgen. Auch der Blutzoll, den insbesondere die Zivilbevรถlkerung wรคhrend des langanhaltenden Konflikts zu leisten hatte, erschien ihm gerade vor dem konfessionellen Hintergrund desselben als durchaus unterhaltsam, bot sich auf diese Weise doch sogleich die Mรถglichkeit, die Richtigkeit des eigenen Bekenntnisses dem ultimativen Praxistest zu unterziehen. Den Hรถhepunkt seiner humoristischen Karriere erlebte Johan-Heinrich allerdings erst bei seiner eigenen Hinrichtung.

Was war passiert? Johan-Heinrich, der fรถrmlich darauf brannte, das von ihm erdachte „Schwedenkissen“ (ein mit Jauche gefรผllter Schweinebalg, welcher heute als Vorlรคufer des sog. „Furzkissens“ gilt) erstmals in der Praxis zu erproben, hatte seine Erfindung ausgerechnet seinem unmittelbaren Vorgesetzten Melchior von Hatzfeldt bei einem Bankett unter das Sitzkissen gelegt, was dieser trotz des allgemeinen Hallos nicht sonderlich gut aufnahm. Seine anschlieรŸende Aburteilung begriff Johan-Heinrich rasch als ausgemachte Chance, endlich ein groรŸes Publikum von seiner humoristischen Begabung zu รผberzeugen. Zwar konnte er von seinem in der Todeszelle vorbereiteten Programm lediglich einen Witz zum Besten geben („Wie heiรŸt ein hรคngender Humorist? Lachsack!“), jedoch verankerte sich sein denkwรผrdiger Auftritt tief im kollektiven Gedรคchtnis, weshalb er vielen noch heute als Erfinder des Galgenhumors gilt.

Was kรถnnen wir also aus dem tragikomischen Schicksal jenes groรŸen Mannes lernen? Nun, doch wohl immerhin, daรŸ keine Situation zu ernst ist, um sich dem Humor gรคnzlich zu entziehen. Sollte Ihnen also heute eine Stรถrung der Feiertagsruhe auffallen, so tun Sie ruhig Ihre Bรผrgerpflicht. Aber verstรคndigen Sie die Polizei um Himmels Willen in aller Heiterkeit!

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Meilensteine meiner Familiengeschichte, Teil VI

Naher Osten, 2578 v. Christus.

Im Reigen der biblischen Urvรคter kommt insbesondere dem wackeren Baumeister Noah noch immer eine Sonderrolle zu. Durchaus zu Recht: Die Konstruktion eines seetรผchtigen Sรคugetierfrachters darf auch heutzutage noch als historische GroรŸleistung gelten – die nur umso imposanter erscheint, wenn man bedenkt, daรŸ die deutsche Ingenieurskunst – wie รผberhaupt der Deutsche – damals noch lรคngst nicht erfunden war.

Viel weniger Wรผrdigung erfรคhrt Schagah (ืœื˜ืขื•ืช) aus Friedebeth, der heutzutage wohl nur noch den Kennern obskurer Apokryphen ein Begriff ist. Aber auch jenen eingeweihten Theologen gilt er meist bestenfalls als glรผckloser Wirrkopf, dem man meist immerhin eine mit der seines berรผhmten Anverwandten vergleichbare Schaffenskraft zuzubilligen bereit ist. Zu Recht?

Doch der Reihe nach. Eines Tages wendet der Gott JHWH sich an Schagah. Er sei, so bekundet er freimรผtig, mit seiner bisherigen Schรถpfung latent unzufrieden und trage sich daher mit dem Gedanken, alles bisherige hinwegzuraffen und nochmals von vorne zu beginnen. Allerdings sei er, Schagah, ihm schon immer sympathisch gewesen, wie er da jeden Tag opfere, bete und zeuge. Er trage sich daher mit dem Gedanken, ihn zu verschonen und ihn รผberdies mit der Rettung der wenigen rettenswerten Kreaturen zu betrauen, je zwei Exemplare jeder Art, versteht sich. Bibelkundigen Zeitgenossen wird an dieser Stelle nicht entgehen, daรŸ die Vernichtungsplรคne JHWHs (wie auch sein Eigenname) dereinst noch lange nicht so ausgereift waren.

Schagah, dereinst ein relativer Jungspund von vielleicht 570 Jahren, macht sich sogleich mit willfรคhrigem Eifer ans Werk. Und als gelernter Fischer erscheint es ihm am naheliegendsten, gleich mit der Rettung der Meereskreaturen zu beginnen – beileibe kein triviales Unterfangen. So muss zunรคchst ein mindestens ein 300 Ellen langes, 100 Ellen hohes und 500 Ellen breites Wasserbassin konstruiert werden, das nach Schagahs grober Schรคtzung ausreichend Platz fรผr alle Meeresbewohner anbieten soll – der Import einer ausreichenden Menge รคgyptischen Glases kostet den emsigen Urvater ein Vermรถgen.

Auch der Lebendfang der Meeresbewohner erweist sich als verzwickter als gedacht: Zu Schagahs Missvergnรผgen besteht gerade die Tiefseefauna damals in der groรŸen Hauptsache aus, nun, biblischen Monstren, deren Ausfindigmachung und Festsetzung sich als logistische Mammutaufgabe erweist und zahlreiche Hilfskrรคfte das Leben kostet.

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Schagahs Archen-Aquarium vor der Katastrophe, Darstellung aus dem 15. Jahrhundert aus der „Chronica Friedora“

Konsequenterweise ist Schagahs Werk erst 250 Jahre spรคter vollbracht und im Archen-Aquarium herrscht geschรคftiges Treiben – allerdings nicht fรผr lang. Denn alsbald beginnen die zahllosen Ungeheuer, allesamt Glieder einer komplizierten Nahrungskette, sich gegenseitig zu verspeisen, bis nur noch der mรคchtige Leviathan รผbrig bleibt, welcher, von der schieren Menge der verspeisten Mit-Monstren auf mindestens das Anderthalbfache seiner ohnehin schon imposanten KรถrpermaรŸe aufgeblรคht, prompt das Bassin zum Bersten bringt. Von da an รผberschlagen sich die Ereignisse.

Die dem Aquarium entweichenden Wassermassen ergieรŸen sich รผber Stadt und Land und fegen Mensch, Tier und Gewรผrm hinweg. Nur einer bleibt bekanntlich verschont: Nรคmlich Noah, der, vom Anblick von Schagahs Bassin tief beeindruckt, das touristische Potential der neuen Sehenswรผrdigkeit erkennt und im Zeitraum von nur 100 Jahren ein zur Bassinbeschiffung gedachtes Kreuzfahrtschiff konstruiert, โ€œohne sich zu waschen und die Kleidung zu wechselnโ€ (ApkPaul 50). Gemeinsam mit den zu Proviantierungszwecken mit an Bord genommenen Nutztieren entgeht er den alles verheerenden Wassermassen und darf sich fortan als โ€œHeld der Sintflutโ€, quasi eine Art Gerhard Schrรถder der Frรผhzeit, hochleben lassen.

Schagah hingegen wรคre wohl an seinem spektakulรคren Scheitern zugrunde gegangen, hรคtte ihm ein gnรคdiges Schicksal nicht diese Schmach erspart: Er wird vom adipรถsen Leviathan zerquetscht. JHWH indes betrachtet das entstandene Chaos, sieht, daรŸ es gut ist und beschlieรŸt, mit der endgรผltigen Vernichtung allen Lebens wenigstens noch bis zur Entdeckung der Kernspaltung abzuwarten. So ward die Welt wieder einmal gerettet – wenigstens vorerst.

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Ein weiser Rat vom Vater

Mein Herr Vater war ein weiser Mann. „Sohn“, so pflegte er stets zu sagen,“ vergiss nie, was ich Dir รผber das Leben und die Welt gesagt habe. Eines fernen Tages wird alles einenย Sinnย ergeben. Da wirst Du lรคngst tot sein.“

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Kategorien: Familienchronik

Meine liebste Kindheitserinnerung

Zeitlebens war mein Herr Vater ein sittenstrenger Zuchtmeister, der mich stets auf Distanz hielt. Umso grรถรŸer mein Entzรผcken, als er eines sonnigen Tages vor meine Kinderhรผtte trat und sprach: „Sohn, wir fahren in den Streichelzoo. Wir nehmen meinen Gelรคndewagen.“
Und Trauma hin, Trauma her – noch heute handelt es sich bei dieser Ausfahrt mit groรŸem Abstand um meine liebste Kindheitserinnerung. Bisweilen konnte ich sogar fรผr einige Sekunden zaghaft ein Hรคschen oder Rehlein liebkosen, sofern die possierlichen Tierchen (oder immerhin Teile von ihnen) von den massiven Hinterreifen seines Armee-Jeeps in Richtung der Rรผckbank geschleudert wurden. Am Ende lieรŸ er mich auรŸerdem ganz alleine die Kadaver zum spรคteren Verzehr aufsammeln (die anderen Kinder hatten zu diesem Zeitpunkt lรคngst die Flucht ergriffen).

Insgesamt ein denkwรผrdiger Tag fรผr beide – ich kam meinem Herrn Vater, mein Vater wiederum seinem Automobil ein Stรผckchen nรคher. Den Anblick von rohem Hackfleisch kann ich aber auch heute nur schwer ertragen.

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Mein kleiner Lumpi

„Da ist der Wurm drin“ – dieses Sprichwort gereicht doch insbesondere einem ausgemachten MiรŸstande zum eindrucksvollen Fanal: nรคmlich, dass das รผberaus redliche Weichtier vรถllig zu unrecht allenfalls einen tertiรคren Ruf unter den mutmaรŸlich besten Freuden des Menschen (neben dem Frauenzimmer, natรผrlich) genieรŸt.

Der moderne Mensch hรคlt sich Feliden, Caniden, ja, sogar garstige Nagetiere und behandelt sie mit einer treudรคmlich-nassforschen Vertraulichkeit, obschon es vรถllig offensichtlich ist, dass ihn diese Schรคdlinge nichts weiter als ausnutzen und ihm im Erstfall im wahrsten Sinne des Wortes sogar das Antlitz vom Schรคdel fressen wรผrden, wรคre gerade nichts anderes da.

Alldieweil fuhrwerkt der deutsche Regenwurm bienenfleiรŸig und trutzig in der sakrosankten Heimaterde und ermรถglicht so durch seinen unschรคtzbaren Umwรผhldienst Ernte um Ernte, ohne dafรผr auch nur im Ansatz eine angemessene Wรผrdigung zu erfahren.

Ich selbst hatte gottlob schon in jรผngsten Jahren die Gelegenheit, auf hรถchst zรคrtliche Weise mit einem waschechten Abkรถmmling jeder stolzen Mollusken in Kontakt zu treten: In der Tat war der liebe „Lumpi“, mein Haus-Bandwurm, sogar mein einziger Freund (und ist es, bei nรคherer Betrachtung, bis heute geblieben).

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Mein kleiner Lumpi

Wie Sie sicher wissen, hatte ich mich in meiner Kindheit auf Weisung meines gestrengen Herrn Vaters mit den Hofhunden um meine Nahrung zu balgen. Vermutlich trat Lumpi dereinst als niedliche Finne in einem rohen Pansen-Stรผck in mein Leben.

Als er erst in meinem Darm zu voller GrรถรŸe ausgewachsen war, waren wir in der Tat unzertrennlich: nie vergesse ich die unbeschwerten Stunden, die ich damit zubrachte, meinen geliebten Lumpi von mir aufgenommene Nรคhrstoffe apportieren zu lassen. Seither weiรŸ ich: Oberbauchschmerzen kรถnnen innige Liebe bedeuten! Bisweilen steckte er sogar sogar wรคhrend des Defรคkierens auf grรผner Heide frech seinen Kopf hervor, um blรถde Mรคdchen zu erschrecken. Kurzum: Lumpi war wie der Bruder, den ich gehabt hรคtte, hรคtten ihn nicht die Wรถlfe gerissen.

Leider verlieรŸ mich mein Lumpi allzu frรผh: die alten, zinnhaltigen Rohre des friedelschen Landgutes sorgten dafรผr, dass mein kleiner Freund unser Trinkwasser nicht recht vertrug; selbst ein Ehrengrab auf dem Tierfriedhof blieb ihm leider verwehrt; Mein Herr Vater war strikt dagegen, Potztausend!

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Meilensteine meiner Familiengeschichte, Teil V

Bad Friedelruh, 1854: nach kurzem Todeskampf erliegt Kees-Beatrix van de Friedelen aus dem flรคmischen Zweig meiner Familie seiner schweren Verletzung und stirbt einen vorzeitigen, gewaltsamen Tod. Ein Schicksal, das er mit zahlreichen Visionรคren, die ihrer Zeit in vielerlei Hinsicht voraus waren zu teilen hat.

Schon in frรผhster Kindheit diagnostiziert der Leibarzt der Familie Kees-Beatrix einen geringfรผgigen Unterbiss, der bis Dato nicht weiter aufgefallen ist. Gleichwohl ist es dieser Makel, der ihn zeitlebens verfolgen wird und noch heute oftmals den Blick auf sein groรŸartiges Lebenswerk verstellt. Denn obgleich selbst von edelstem Geblรผt kann Kees-Beatrix noch heute als visionรคrer Sozialreformer gelten, der zeitlebens eine groรŸartige Empathie fรผr die Belange des Pรถbels an den Tag legte.


Kees-Beatrix van de Friedelen

Schon in jungen Jahren von einer nachgerade unbรคndigen Weltneugier getrieben, schlieรŸt sich Kees-Beatrix schon mit 14 Jahren als Schiffsjunge der Niederlรคndischen Westindien-Kompanie an. Doch mit einem derart niederen Rang will sich der muntere Jungspund verstรคndlicherweise nicht zufriedengeben. Schon fรผnf Jahre spรคter kann er folgerichtigerweise bereits sein erstes Kommando รผbernehmen, wobei sich eine verheerende Typhus-Epidemie an Bord sich fรผr seine Karriere als รคuรŸerst zutrรคglich erweist.

Wรคhrend seiner zwanzig Jahre wรคhrenden Laufbahn zu See kann Kees-Beatrix eine groรŸe Expertise in der Arbeiterbewegung erwerben, indem er Gastarbeitern aus aller Herren Lรคnder die รœberfahrt zu den pulsierenden Arbeitsmรคrkten in den neuen europรคischen Bundeslรคndern ermรถglicht.

Schon damals versteht sich Kees-Beatrix ganz intuitiv auf Konzepte, die erst viel spรคter weite Anerkennung auf dem Gebiet der Arbeitsmarktforschung finden sollten. Als Stichwort soll hier der Begriff des โ€žHumankapitalsโ€œ genรผgen. Niemals ertrank ihm auch nur ein Klient, wie รผberhaupt der Europรคer sich dereinst โ€“ im Gegensatz zu heute – geradezu vorbildlich um eine sichere Passage fรผr Arbeitssuchende aus weniger privilegierten Lรคndern bemรผht.

Erst als ihn eine weitere Typhus-Epidemie รผberraschend zum Alleinerben des Stammsitzes Bad Friedelruh macht, beschlieรŸt Kees-Beatrix die Kapitรคnsmรผtze an den Nagel zu hรคngen und sich ganz dem Junkertum zu verschreiben. Auch hier tut er sich als groรŸer Reformer hervor; beispielsweise ernennt er, als er das gereizte, durchaus aufrรผhrerische Klima in der Bauernschaft erkennt, rasch den ersten Gewerkschaftsvertreter auf deutschem Boden รผberhaupt. Hier eine Darstellung der Ernennungszeremonie:

Bedauerlicherweise muss der gute Mann sich alsbald wieder zur Ruhe setzen, was dem Modellcharakter des gnรคdigen Gewรคhrungsaktes indes keinen Abbruch tut.
Da jedoch gerade die Besten oftmals von der Hรคrte der Vorsehung besonders hart getroffen werden, muss Kees-Beatrix โ€“ wie eingangs schon erwรคhnt – ein gewaltsames Ende erleiden. Ein gewisser van Helsing ersticht ihn, von der irrigen Ansicht beseelt, es handle sich bei ihm um einen Vampir, unter dem allgemeinen Jubel der undankbaren Bauernschaft mit einem Holzpflock. Vorher hatte sich Kees-Beatrix um eine Wiedereinfรผhrung des Ius primae noctis bemรผht, was die bรถsen Verleumdungen und Gerรผchte im Volk weiter befeuerten. Seine Hauer tun das รœbrige.

So beleibt heute nur die Erinnerung an einen groรŸen Sozialreformer โ€“ und die Erkenntnis, dass sich so viel gar nicht verรคndert hat.

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Aus meiner Familienchronik

„Vor dem Thore aber, da hatten sich allesamt dy Bรคuer versammelt um dem Herrn Klotho vom schlymmen Hunger zu klagen. Nun wollte es aber just an dysem Morgen dass der redlyche Bischof in der Klotzburg weihlte. Und als da der allerchristlichste Bischof die zu Tod hungernden Bรคuerlein sah, die ein wyldes Geschrai vor dem Tohre machten mit allerlei Schabernack und Krimassen, da lachte der dicke Bischof von den Zinnen herab, den Hรผhnerschlegel in der Hand. Und es lachte auch die dicke Frau vom Bischof, und die fette erste Buhle vom Bischof und die dรผrre zweite Buhle vom Bischof, und die dicken Kinder vom Bischof, 7 an der Zahl und auch die 12 anderen Kinder von den Buhlen, die im Hof mit dem Gesindel im Unrath spielten. Da รผberkahm den Ritter von Klotze die heilige Wut und er rief voll Zorn, wehey euch, ihr ruchlohsen, die ihr meine allerchristlichsten Gรคste beim Mahle stรถret. Des Thodes sollt ihr allesamt sein, rief er im Zorn, griff sein Schwert und ritt durch ihre Reihen, wie der dunkle Schnitter garselbst. Der Bischof aber, lobte in der Andacht noch am selben Thage den redlychen Einsatz fรผr Mutter Kirche und nannte den Ritther Klotho einen wahren Christenmenschen. Auch, weil die noch รผbrigen Bรคuerlein, nicht mehr als Finger an einer Hand daran sind, nun wieder genug zu essen hatten, da doch die Hรคlfte auf den Gottesacker kahm. Der Ritter aber selbst wurde ganz rรผhrselig bei dem Lobe, hatte er doch schon immer gewusst, was fรผr ein wackerer Kerl er da war!“

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Meilensteine meiner Familiengeschichte, Teil IV

Wir schreiben das Jahr 8 nach Christus.

Karlmann-Dietlind aus dem heute weithin vergessenen Stamme der Fridleusker gelingt der erste nennenswerte Sieg gegen die Rรถmer auf germanischem Boden, eine historisch nicht zu unterschรคtzende Tat, welche spรคter fรคlschlicherweise Herrmann den Cheruskerfรผrsten zugeschrieben wird.


Karlmann-Dietlind bei der Ausarbeitung einer Verordnung

Als zwei Rรถmische Legionen unter der Fรผhrung des Sextanus Maximus im Rahmen einer Strafexpedition germanischen Boden betreten, gelingt es dem gewieften Stammesfรผrsten in nur zwei Wochen, eine โ€žRunenverordnung zur Nutzung Germanischer Feldwege fรผr auslรคndische Bewaffnete mit einer Sandalenlast von zwei Mal soviel, wie zwei Schweine wiegenโ€œ auszuarbeiten.

Indem er den lokalen Stammesfรผrsten den Bau eines Teutoburgerwald-Umgehungspfades verspricht, kann er eine rasche Bewilligung seiner Verordnung erreichen. Nachdem die Rรถmer keine ausreichenden Barmittel verfรผgen, um die Nutzungsgebรผhren fรผr den Wald-Transit zu entrichten, kรถnnen sie den Teutoburgerwald nicht durchqueren. Die Errichtung eines befestigten Lagers scheitert an der Erteilung einer Baugenehmigung. Somit gelingt Karlmann-Dietlind die Zurรผckschlagung der Rรถmischen Offensive mit einem frรผhbรผrokratischen Winkelzug par excellence. Er erringt nicht nur einen wertvollen Sieg fรผr das Selbstbewusstsein der germanischen Stรคmme, sondern begrรผndet auch eine stolze Tradition der Bรผrokratie, fรผr die unser Heimatland noch heute in der ganzen Welt bewundert wird.

รœber das weitere Leben dieses groรŸen Verordnungsschmiedes ist wenig bekannt. Nicht historisch belegbar ist jene Legende, welche besagt, daรŸ sich Karlmann-Dietlind spรคter zur Gegenoffensive aufmachte und ein weites Gebiet entlang der Adria-Kรผste unter seine Gewalt bringen konnte. Dabei soll er sich abermals eines geschickten Winkelzuges bedient haben: er habe seine Vorhut den gesamten Kรผstenstreifen mit Steppdecken (eine Frรผhform des Handtuchs) bedecken lassen. Die Hautstreitmacht soll dann in aller Gemรผtsruhe nachgerรผckt sein, um das bereits reservierte Land in Besitz zu nehmen. Manche Quellen behaupten sogar, Karlmann-Dietlind sei mit seiner Armee bis zu den Balearen vorgedrungen. Dies ist nicht ganz unwahrscheinlich. Noch heute sind dort deutliche Spuren frรผhgermanischer Kultur zu finden.

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Meilensteine meiner Familiengeschichte, Teil III

Wir schreiben das 12. Jahrhundert: Der mutige Reformer Baron Grobian-Hammerhardt von Friedel leistet mit der Einfรผhrung des „Codex Friedensis“ auf seinem Lehen einen unschรคtzbaren Beitrag zur Herausbildung einer modernen Strafprozessordnung.


Baron Grobian-Hammerhardt von Friedel

Darin entwickelt er den noch heute gรผltigen Grundsatz โ€žKeine Strafe ohne Gesetzโ€œ. Fortan wird der dereinst noch sehr weit gefasste Begriff der โ€žStrafeโ€œ deutlich klarer umrissen: so gilt eine hexereibedingte Verbrennung von nun an als โ€žReynigung der Seele durch Ultrahocherhitzungโ€œ, eine Behandlung mit der Garotte wird nunmehr als โ€žMassage zur Beseytigung der Genickstarreโ€œ gefรผhrt. Durch diesen geschickten Winkelzug wird der Bedarf an Gesetzen und somit insbesondere der bรผrokratische Aufwand erheblich reduziert.
Leider war die Zeit noch nicht reif fรผr diesen auch auf dem medizinischen Sektor bewanderten Universalgelehrten. Als er sich anschickt, die Pfรคhlung fortan als Methode zur โ€žVohrbeugenden Darspielungโ€œ zu deklarieren, wird er von einem aufgebrachten Mob gelyncht. Seine feigen Mรถrder kรถnnen freilich ihrer gerechten Strafe nicht entkommen: Grobian-Hammerhardts Plรคne, das Lynchen als โ€žStreytgespaeche aus nรคchstester Naeheโ€œ zu deklarieren, waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht umgesetzt. Sie werden 1356 gehenkt (vertรคute Atemwegs-Rosskur).

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Meilensteine meiner Familiengeschichte, Teil II

Das antike Griechenland: Der bis dato nicht in Erscheinung getretene Philosoph Achilles-
Pythagoras Frydlopoulos begrรผndet die philosophische Strรถmung des „Zucht-und-
Ordnungialismus“ (แผ€ฮบฯฮฏฮฒฮตฮนฮฑ-แผ€ฮบฯแฟ‘ฮฒฮฎฯ‚ ฮดฮตฮฏฮบฮฝแฟกฮผฮน).

Achilles-Pythagoras Frydlopoulos in einer zeitgenรถssischen Darstellung (Fragment)

Schon Jahre zuvor forschte dieser groรŸe Denker der Antike an einem wirksamen Mittel, die
lottehafte Jugend fรผr die Belange des Staates zu interessieren, wรคhrend diese ihm eine lange
Nase zog und sich der MuรŸe hingab.
Erst der Zufall bringt ihn der Lรถsung nรคher. Als er, auf seinen Gehstock gestรผtzt, missmutig
durch die StraรŸen Athens spaziert, stรถรŸt er mit diesem versehentlich an einen
seinen Rausch ausschlafenden Jugendlichen. Als dieser mit lautem Schmerzensgezeter
aufspringt, und sich somit zum ersten Mal an diesen Tag bewegt, ruft Achilles-Pythagoras
„Heureka!“
Umgehend stellt er den ersten seiner zehn, spรคter in einer Fibel zusammengefassten Lehrsรคtze
auf:

„Und so scheint es, dass der Stock und das Jungmannen-GesรครŸ in einer eigentรผmlichen
Beziehung stehen: berรผhrt der Eine das Andere, so ist ein Energieschub die Folge. Der Erste
ist, um dem Zweiten ein Antrieb zu sein.“

Spรคter gelingt es ihm, seine Ontologie noch zu verfeinern:

„Und so scheint es, als haben einige zackige Worte, in ebenso zackigem Tone, eine zusรคtzliche
Wirkung. Stock x Zucht = ordentlicher Jungmann! Heureka!“

Nachdem man diesen groรŸen Denker infolge einer infamen Intrige garstiger halbstarker
Sophisten aus Athen vertreibt, grรผndet er spรคter seine Akademie auf dem Berg Zeter bei
Mordio. Leider kann er dort nur noch wenige Jahre lehren, bevor ihn bei der Demonstration
einer Standpauke der Schlagfluss ereilt. Sein Denken jedoch lebt noch heute fort in der
Sittengeschichte des christlichen Abendlandes.

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