Werte Damen und Herren,
nun gehรถrt uns also Griechenland. Wie schรถn. Ist es nicht ein Faszinosum an dieser modernen Zeit, dass man nicht einmal mehr einmarschieren muss, um die Vรถlker Europas mit den Segnungen deutscher Leitkultur zu beglรผcken? Nein, heutzutage genรผgt ein wackerer germanischer Feldherr in seinem stolzen Streitwagen, in dem man ihm an den runden Verhandlungstisch schiebt. Dort findet man sodann eine ganz friedliche Lรถsung zur Kapitulation.
Und erfรผllt es uns nicht allesamt mit tiefer Befriedigung, dass nach dem letzten Jahrhundert, das voller Irrungen und Wirrungen war, der deutsche Gedanke, der โgermanische Geistโ doch schlussendlich gesiegt hat? โGermanischer Geist ist der Geist der Freiheitโ, sagte dies nicht Hegel schon so treffend? Und damit meint er nicht die Freiheit des Pรถbels, bei jeder Bagatelle mitzureden. Brรผstet sich nicht der Grieche damit, die Demokratie quasi erfunden zu haben? Nun, ihm wurde zuletzt nochmals die mangelnde Tragfรคhigkeit seiner angeblich so epochalen Errungenschaft auf Eindrucksvollste demonstriert. Da sollte er lieber auf seinen ureigenen Platon hรถren; dieser propagierte schon damals in geradezu prophetischer Weitsicht die Herrschaft der Besten รผber den minderbemittelten Rest. Ein Zustand, den wir in Deutschland heutzutage mehr oder minder erreicht haben. Es fehlt eigentlich nur noch der Kaiser.
Da dachte der Grieche doch tatsรคchlich, er kรถnne einen Staat machen, ohne ihn auch bezahlen zu kรถnnen; eine ausgesprochen naive Vorstellung. Nicht auszudenken, wenn das jeder tรคte. Nun jedenfalls muss man in Hellas den Gรผrtel enger schnallen und Buรe tun fรผr die Verfehlungen der Vergangenheit. โAusteritรคtโ, altgriechisch fรผr โEntbehrungโ oder โSparsamkeitโ, lautet nunmehr die Devise, und wer wรคre besser geeignet, diese Art der Buรe zu รผberwachen, als wir? Sind wir nicht selbst die Buรmeister Europas, geรผbt in jeder erdenklichen Art der Selbstkasteiung?
Nun, wie dem auch sei. Ich habe mir jedenfalls bereits die Akropolis gesichert und beabsichtige dort einen gemรผtlichen Biergarten zu erรถffnen. Eine perfekte Verschmelzung antiker und germanischer Kultur, mรถchte man meinen. Akzeptiert werden selbstverstรคndlich ausschlieรlich Euros. Das hรคlt die Einheimischen auf Distanz. Ich darf Sie schon jetzt ganz herzlich zur feierlichen Erรถffnung einladen. Das Motto wird lauten: โAusteritรคt hautnah erlebenโ. Die Speisen sind selbstredend vom Feinsten. Wir sparen uns sozusagen die โitรคtโ und begnรผgen uns mit der Auster. Aber bitte mit Ketschap, gell.
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