Erbauliches

Xaver Naidoo: Seine grâßten „Hits“

Xaver Naidoo. Bei aller berechtigten Aufregung sollten wir uns trotz allem daran erinnern, daß dieser Mann nicht nur ausgezeichnet leugnen, sondern noch dazu herausragend singen und komponieren kann. In der Tat hat er uns im Laufe seiner bewegten Karriere zahlreiche Gassenhauer von Weltrang beschert.
Daher aus gegebenem Anlass die aktuelle Umfrage: Welcher ist Ihr liebster Xaver-Naidoo-Schlager:

☐ „Zehn FΓ€sser Adrenochrom (kΓΆnnen uns nicht gefΓ€hrlich sein)“

☐ „Alu, Stein und Eisen bricht“

☐ „Dieser Weg (wird kein weiser sein)“

☐ „Der Xaver aus Neuschwabenland“

☐ „Flugscheiben in meinem Bauch“

☐ „Bevor Du 5gst“

☐ „Himmel ΓΌber Deutschland“

☐ „Verdammt Du impfst mich“

☐ „Wahnsinn“

☐ „Heil Dir im Siegerkranz“

Schicken Sie Ihre Antwort bitte ausreichend frankiert (3 Reichsmark) an „Stoll Records“, postlagernd Neuschwabenland.
Die ersten zehn Einsender erhalten eine Maskenpflichtbefreiung im Wert von zwei Wochen Intensivstationsaufenthalt.

Kategorien: Aktuelles, Erbauliches, Redliche Musik

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An dieser Stelle ist es mir ein ausgesprochenes Anliegen, allen Gratulanten zu meinem Wiegenfest aufs herzlichste zu danken. Freilich muss ich um Ihr VerstÀndnis bitten, daß mir eine gebührliche Danksagung erst zum jetzigen Zeitpunkt mâglich ist, musste ich mich doch erst von den ausgemachten Strapazen meiner Geburtstagsfeier erholen.

Und was es fΓΌr eine Feier war! Selbstredend gilt mein Ehrentag in gehobenen Pensionisten-Kreisen ein gesellschaftliches Ereignis ersten Ranges. In diesem Jahr hatte sich das Frl. von Eisenstein sich etwas ganz Besonderes ausgedacht und eine sogenannte „Motto-Party“ fΓΌr mich organisiert, welche sie, dem bedeutungsreichen 19er-Jahr entsprechend, unter das Motto „Spartakusaufstand 1919“ gestellt hatte, was gerade in Anbetracht der geradezu permanenten Bedrohung von Links heutzutage aktueller denn je erscheint. Selbstredend war fΓΌr jeden Gast eine bestimmte Rolle vorgesehen: wΓ€hrend das Frl. Eisenstein selbst als kaisertreue Generalswitwe brillierte, gab ich recht ΓΌberzeugend den Freikorps-Major. Auch Kleingartenvorsteher Kleinschmidt fand an jedem denkwΓΌrdigen Abend seine Paraderolle: Als fΓΌsilierter Spartakist brillierte er nach acht halben „Schierling“ fast schon in Volksschauspieler-Manier. Als heimlicher „Star“ des Abends muss allerdings rΓΌckblickend Pupsi gelten, der als Reichswehrminister Noske schlicht entzΓΌckend aussah.

Zu vorgerückter Stunde sorgte dann ein ganz besonderer Gast nochmals für allgemeines Hallo: Zar Putin hâchstpersânlich stattete der zu diesem Zeitpunkt schon einigermaßen illuminierten Teegesellschaft einen Überraschungsbesuch ab. Mit dabei hatte er die brandheiße Exklusivmeldungen, die er uns unter allgemeinem Beifall vortrug, noch bevor sie am nÀchsten Tag auch auf Facebook erschienen. Über den weiteren Verlauf der Feierlichkeiten will ich aus aus Contenance den Mantel des Schweigens legen; es sei aber gesagt, daß man sich noch ausgiebig am Blasentee bediente, wÀhrend ich in meiner unvergleichlichen Weise eine fidele Tirade über Kommunisten und Sozen zum Besten gab.

Insgesamt darf wohl gesagt werden, daß auch in diesem Jahr eine denkwΓΌrdige Geburtstagsfeier gelang, die wohl alle Beteiligten wohl nicht so schnell vergessen werden – gewiss bleibt sie uns wenigstens bis ΓΌbermorgen in lebhafter Erinnerung.

 

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Kategorien: Aktuelles, Die bessere Gesellschaft, Erbauliches

Freibadsaison

Der LΓΌstling mag die Fleischeslust,
Er starrt auf schΓΆne Beine.
Dem Schlemmer schmeckt die Wachtelbrust,
Und auch tranchierte Schweine.

Der Γ„sthet liebt Proportion,
Und blassen Alabaster.
Der Kneippist schΓ€tzt die Funktion,
Von heilsam-klarem Wasser.

Der Freibadgast liebt, was er so mag,
Nur: dort wird er’s nicht finden,
Kaum tritt er ein zum Planschetag,
Wird alle SchΓΆnheit schwinden.

Das Fleisch hÀngt eher außerplan,
Es trieft das Frittenfett,
Und auch der BadegΓ€ste-Teint,
Gemahnt an faules Mett.

Warum nur geh’n wir trotzdem hin?
Steht das gar wo geschrieben?
Besteigen Becken voll Urin…?
Ja β€” weil wir’s halt einfach lieben!

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Kategorien: Aktuelles, Erbauliches, Gesundheit, Zum Wetter

Karfreitag

Wünsche allseits einen besinnlichen Feiertag. Und halten Sie in Gottes Namen die Füße still, gell.

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Kategorien: Aktuelles, Erbauliches, theologische Meditationen

WeihnachtswΓΌnsche

Wie sagt man doch so schΓΆn: „Heiligabend ist auch nur ein Montag“? Nein: „Humor ist, wenn man trotzdemΒ #weihnachtslaechelt„. Ihnen allen (und trotz allem) ein frohes Fest!

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Kategorien: Aktuelles, Erbauliches

Noch nicht gΓ€nzlich verworfener Auftakt fΓΌr einen geplanten Bildungsroman im EDEKA-Millieu

Β»Seine Herkunft blieb dem eines kalten Novembertages scheinbar achtlos vor der Lang-Filiale in der Keppler-Staße abgelegten Findelkind Gregor Tomiczek zeitlebens selbst ein RΓ€tsel. TatsΓ€chlich empfand er gerade in den schwierigen Anfangsjahren eine unerwiderte Seelenverwandtschaft zur „Gut-und-GΓΌnstig“-Wurst (1,29.-).Β«

Kategorien: Erbauliches, Zur Weltliteratur

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Noch bevor in allen bedeutenden Tageszeitungen am morgigen Tag frenetische Feuilletons zu meiner inΒ­szeΒ­naΒ­toΒ­rischen Großleistung erscheinen, mΓΆchte ich Ihnen, werte Fratzenbuch-Freunde, mΓΆglichst neutral meine eigenen EindrΓΌcke der denkwΓΌrdigen UrauffΓΌhrung meines StΓΌcks „Die tausend eitrigen Siechen des St. Nikolaus“, welches ich – nicht ganz zu Unrecht, wie ich meine – als Kulmination meines dramatischen Weihnachtsspiel-Schaffens erkenne, schildern. An dieser Stelle sei auch meinem Ensemble nochmals explizit fΓΌr die Mitwirkung gedankt. Man kann, so denke ich, durchaus mit einigem Stolz auf das Erreichte blicken und sollte die teils unschΓΆnen Szenen, die sich im unmittelbaren Anschluss abspielten, keinesfalls ΓΌberbewerten. Bestenfalls kann man sie zum Gradmesser dafΓΌr nehmen, daß die Disruption der gefΓ€lligen Selbstvergewisserung eines nur noch an harmlos-wohlfeile Weihnachtsspiele gewohnten Publikums als hehre Aufgabe des Laientheater-Schaffenden wohl gerade dann als besonders geglΓΌckt zu gelten hat, wenn man die Gemeinde-Mehrzweckhalle frΓΌhzeitig, unfreiwillig und fluchtartig verlΓ€sst.

Nun aber genug der langen Vorrede. Was war passiert? Oder besser: Was überhaupt intendiert? Über meine Beweggründe muss ich, so glaube ich, keine großen Worte mehr verlieren. Nur so viel: Muss man sich denn ernsthaft wundern, daß nicht einmal mehr das ungezogenste Gâr den St. Nikolaus zumindest ein bisschen fürchtet, wenn er doch bei nÀherem Hinsehen heutzutage nur noch als weichlicher Lieferant zuckriger Lebensverkürzer fungiert, sozusagen als zauselbÀrtiger Diabetes-Dealer mit seltsamem Hut? Wo bleibt da die Ehrfurcht, wo der Respekt vor der imposanten Lebensleistung dieses Ausnahme-Heiligen? Fraglos schien ein entschlossenes Gegensteuern dringend angezeigt. Und so hatte ich mein Stück ganz in diesem Geiste als Parforceritt durch die zahlreichen Wundertaten des Heiligen aus Myra angelegt, sozusagen ein sakrosanktes Kammerspiel, gelegentliche Menetekel keineswegs ausgeschlossen!

Wie aber, so lautete zweifellos die Ausgangsfrage, kann es gelingen, das fΓΌr seine nachgerade mikroskopische Aufmerksamkeitsspanne geradezu berΓΌchtigte infantile Publikum fΓΌr eine derart ernste Thematik zu interessieren? Ganz klar: man musste mit einem echten Knalleffekt beginnen! So hatte ich gerade die Wirkung der ersten Szene wohlkalkuliert und verfolgte vom BΓΌhnenrand (besser gesagt dem Aufbewahrungsraum der Turn-GerΓ€tschaften) einigermaßen siegesgewiss, wie Frl. Radka und Frl. β€œRuby Gold”, genauestens observiert von 34 leuchtenden Halblings-Augenpaaren, in ihrer ΓΌblichen Arbeitskleidung um viertel nach sechs die BΓΌhne betraten. Zu den beiden Damen nur so viel: Aus den genannten dramaturgischen Überlegungen hatte ich mich entschlossen, mit der Legende vom Geldgeschenk zu beginnen. In dieser (selbstverstΓ€ndlich wahren) Geschichte errettete der St. Nikolaus einen verarmten Mann nobler Herkunft aus misslicher Lage. Er konnte nΓ€mlich die Mitgift fΓΌr seine TΓΆchter nicht aufbringen und sie deshalb nicht anstΓ€ndig vermΓ€hlen. Als einziger Ausweg erschien dem bedauernswerten Mann, seine TΓΆchter dazu zu zwingen, sich im Γ€ußerst ungΓΌnstig reputierten Hafenviertel von Myra den SeemΓ€nnern feilzubieten. Was blieb dem armen Menschen auch anderes ΓΌbrig? Der heilige Nikolaus kam ihm schließlich zu Hilfe, indem er in drei aufeinanderfolgenden NΓ€chten einige GoldmΓΌnzen unter seiner TΓΌr durchschob.

Da mir gerade bei dieser entscheidenden Szene AuthentizitΓ€t als besonders wichtig erschien, hatte ich mit den genannten Damen echte Professionelle engagiert, die in meinen Augen am besten imstande waren, die mit dem bejammenswerten Schicksal der TΓΆchter einhergehende Verzweiflung mit dem gebotenen Nachdruck zu verkΓΆrpern. Und was soll ich sagen? Mein Plan ging ganz famos auf! Beide improvisieren kaugummikauend etwa drei Minuten einen Monolog ΓΌber die FΓ€hrnisse des Dirnen-Daseins, bevor ich im Nikolausgewand die BΓΌhne betrete und jeder einige MΓΌnzen zustecke, woraufhin mich die beiden jubilierend ihrer Dankbarkeit versichern und wir alle drei Hand in Hand die BΓΌhne verlassen. Vorhang und anerkennendes Raunen, insbesondere bei der versammelten Elternschaft.

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In der nÀchsten Szene eine abrupte Rückblende in die Kindertage des heiligen Mannes: Ich, mich als Baby-Nikolaus nur mit einer Pampers bekleidet auf einem BÀrenfell rÀkelnd, erwarte wonnig brabbelnd die Ankunft meiner Frau Mutter, ebenfalls verkârpert von Frl. Ruby. Kenner der Materie wissen bereits: hier wird die Legende nacherzÀhlt, nach der Nikolaus schon als SÀugling so fromm war, daß er die Brust der Mutter an den Fastentagen stets nur einmal nahm, was das Frl. Ruby nach mehrmaligem Angebot, welches ich mit ablehnendem Kopfschütteln quittiere, mit publikumswirksamer Bewunderung kundtut. Vorhang und Schweigen im gerührten Auditorium.

In der dritten Szene wird dem Publikum keine Ruhepause gegânnt und das ErzÀhltempo nochmals erhâht. Behandelt werden die Auferweckung der zerstückelten Scholaren und die Rettung der zum Tode verurteilten Feldherren. Den Zuschauern bietet sich eine verstârende Szene: Zur Rechten Herr Kleinschmidt von Kleingartenverein in seiner bewÀhrten Rolle als zerhackter Scholar im Salzfass, aus dem nur Kopf und Arme ragen und somit den tÀuschend echten Eindruck abgetrennter Gliedmaßen vermitteln. Zur Linken meine Halma-Brüder Furtmayer, Groß und von Nortz als bereits am Galgen baumelnde Feldherren, wobei hier leider der doppelte Boden versagte, was andererseits der AuthentizitÀt der Darbietung überhaupt nicht schadete. Einige Liter Kunstblut verliehen dem schrecklichen Panorama zusÀtzliches Gewicht. Eiligen Schritts betrete ich im Kostüm die Bühne, spanne das Publikum aber noch gehârig mit einem Monolog über Schuld, Sühne und die verheerenden Folgen mangelnder Folgsamkeit auf die Folter, bevor ich schließlich den Zerstückelten wieder ganz mache und die ErhÀngten vom Galgen schneide. Vorhang.

Folgen sollte nun eigentlich ein vierzigminütiges Zwischenspiel, das detailliert die Ereignisse beim Konzil von NicÀa unter Berücksichtigung der kanonischen Implikationen nacherzÀhlt. Freilich kam es dazu nicht mehr. Inzwischen hatte sich gerade in den hinteren Reihen, also auf den Eltern-PlÀtzen, einiger Tumult entwickelt, der noch vor der ersten Bekenntnisverbrennung in wütenden Zwischenrufen und schließlich im VerstÀndigen der Ordnungshüter gipfelte, was einen vorzeitigen Abbruch der Vorführung letztlich alternativlos machte. Immerhin nahmen die durchaus physischen Auseinandersetzungen mit den Eltern beim Verlassen der Mehrzweckhalle jene SchlÀgerei vorweg, in der die Konzil-Szene ohnehin gipfeln sollte.

Was lΓ€sst sich abschließend festhalten? Γ„rgerlich bleibt sicherlich, daß ich die besonders ausgeklΓΌgelte Abschluss-Szene nicht mehr zur AuffΓΌhrung bringen konnte, die das postume Quellenwunder besonders anschaulich dargestellt hΓ€tte: Aus dem Kopfende des Nikolaus-Sarkophags entspringt kurz nach seinem Tode eine SalbΓΆl-Quelle. Dazu hatte BΓ€ckermeister Schmied ein lebensgroßes Marzipan-Abbild meiner Wenigkeit auf einer Grablege aus Biskuit prΓ€pariert, aus dessen Kopf nach einem Wehklage-Monolog der FrΓ€uleins Radka und Ruby unter allgemeinem Hallo ein sprudelnder Brunnen aus weißer Schokolade entsprungen wΓ€re. Der ehemals zerstΓΌckelte Scholar hΓ€tte sodann mit den Worten β€œNun ist es mit dem Alten aus – gelobt sei der St. Nikolaus” das Buffet erΓΆffnet. So blieb die süße KΓΆstlichkeit leider unverzehrt, was die bedauernswerten Kindlein nicht zuletzt der mangelhaften Bibelfestigkeit ihrer Erzeuger zu verdanken haben. Immerhin konnte Herr Kleinschmidt, der seine Kleptomanie-Selbsthilfegruppe aus ZeitgrΓΌnden schon seit Monaten nicht besucht hat, vorausschauenderweise die Kindergartenkasse entwenden, mit deren Inhalt wir den Frls. Ruby und Radka sogleich den wohlverdienten Lohn auszahlten.

Ich muss wohl wieder einmal damit leben, meiner Zeit wenigstens drei Tode mit anschließender Wiederauferstehung voraus gewesen zu sein. Mein Vorhaben allerdings, nÀmlich mit Nachdruck auf die eigentliche Bedeutung des Nikolausfestes hinzuweisen, ist zweifellos grandios geglückt. Wünsche weiterhin eine besinnliche Adventszeit!

Vorhang.

Kategorien: Aktuelles, Baron Friedels aristokratischer Almanach, Erbauliches

An die AutobahnraststΓ€ttenmΓΌlltonne

Da stehst Du, unerklΓ€rlich Rund,
ungekannte Tiefe,
was glitzert da im tiefen Schlund?
Ah! PrΓ€servative!

Γ„onenlang magst Du hier steh’n,
seit wann, kann niemand wissen,
hast trutzig Deinen Dienst verseh’n
– und der ist echt beschissen.

So schluckst Du Jahr um Jahr galant,
was andere entbehren,
ganz stoisch, wie ein Erdtrabant,
und ohne Dich zu wehren.

Woher kommt dieser Gleichmut nur,
ganz ohne Seelenlast,
trotz Tampons, Windeln, Kot-Lasur,
nur ruhigeΒ Tonnen-Rast?

Wie ein Idol stierst Du mich an,
hΓΆhnisch grient Dein Schlund:
„Ich binΒ Tonne, Du nur Mann,
und das nicht ohne Grund:

Wer hier zu mir gekommen ist,
wird bald auch wieder gehen,
wenn Du schon lΓ€ngst verschwunden bist,
werd‘ ich noch immer stehen.

So leb‘ ich hier als stiller Gott,
kann, was ich verrichte,
ich entsorge Eu’ren Schrott
– Euch dann die Erdgeschichte.“

So steh‘ ich mit dem Eispapier,
bereit, wieder zu fahr’n,
vonΒ Ferne her rauscht die A vier,
fast wie der Ozean.

*) Aus meiner gefeierten Anthologie „Debatten mit Dingen“. Jetzt auch beim BΓΌcher-Club Ihres Vertrauens und jeder wohlsortierten AutobahnraststΓ€tte erhΓ€ltlich

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Kategorien: Aktuelles, Erbauliches

Romanidee

Β»Ich habe jetzt endlich eine Idee fΓΌr meinen Roman!Β«
Β»Oh, lass hΓΆren!Β«
Β»Also: Ein Mann, selbst erfolgreicher Uni-Dozent, zieht mit seiner Familie in ein beschauliches Γ–rtchen auf dem Land, weil er des urbanen Lebens ΓΌberdrΓΌssig ist und auch so keinen Feinstaub mehr vertrΓ€gt.Β«
Β»Bis dahin klingt das sehr interessant!Β«
Β»Warte, es wird noch besser! Unser Protagonist, nennen wir ihn vorlΓ€ufig Professor G., freundet sich mit einem Γ€lteren Herrn aus der Nachbarschaft an, der ihn in ein Geheimnis einweiht: Hinter einem ΓΆrtlichen Kleintierfriedhof verlΓ€uft ein uralter Pfad, der zu einer altertΓΌmlichen BegrΓ€bnisstΓ€tte fΓΌhrt, die ein dunkles Geheimnis birgt.Β«
Β»Ha, das gibt es doch schon lΓ€ngst! Das ist ziemlich genau die Handlung von „Friedhof der Kuscheltiere“ von Stephen King! Das hast Du wahrscheinlich irgendwann gelesen und es jetzt fΓΌr Deine eigene Idee gehalten.Β«
Β»Stimmt ja nicht!Β«
Β»Ach ja? Dann lass mich mal raten, wie die Sache weitergeht. Wahrscheinlich wird eines Tages der Sohn von Deinem Professor ΓΌberfahren und er bringt, die Warnungen seines betagten Freundes in den Wind schlagend, seinen toten Spross auf dem irgendwie verfluchten Friedhof und bestattet ihn unvernΓΌnftigerweise dort, hab ich Recht?Β«
»Verdammt, woher weißt Du das?«
Β»…und dann kehrt der Sohnemann vom Indianerfriedhof zurΓΌck…Β«
Β»Nein! Falsch! Ganz falsch!Β«
Β»Ah so? Also doch anders?Β«
Β»Ganz anders! mein Buch spielt ja in Deutschland! Da gibt es keine IndianerfriedhΓΆfe!Β«
Β»Sondern?Β«
Β»Na, zum Beispiel RΓΆmerfriedhΓΆfe!Β«
Β»Gut, also ein RΓΆmerfriedhof. Das reicht aber nicht aus, um Dein Werk nicht selbst fΓΌr einen Laien sofort als Stephen-King-Plagiat erkennbar zu machen. Wie geht es dann weiter?Β«
Β»Hast Du doch schon gesagt: Der Sohn kommt zurΓΌck…Β«
Β»…und beginnt damit, alle umzubringen….Β«
Β»Nein, FALSCH. Er lag ja auf einem RΓΆmerfriedhof. Warum sollte er da alle umbringen? Die RΓΆmer waren doch zivilisiert.Β«
Β»Aha. Und was macht er dann? Sich in einen Heilstein-Kurs in der Volkshochschule einschreiben?Β«
»Ich bin doch noch in der Konzeptionsphase. So genau weiß ich das noch nicht. Auf jeden Fall stellt der Vater aber fest, dass der Sohn plâtzlich perfekt Ovid rezitieren kann. Und zwar den Ganzen!«
Β»Ah…Γ€h…verstehe. Aber umbringen tut er niemand?Β«
»Ja, ich weiß nicht. Das wÀre der Spannung natürlich schon zutrÀglich. Aber auf keinen Fall mit dem Messer oder so.«
Β»Wie denn dann?Β«
Β»Allenfalls mit Ovid. Also durch Langeweile. Ich will mir die Chance auf ein Verfilmung fΓΌr die Primetime auf den Γ–ffentlich-rechtlichen nicht vermasseln.Β«
Β»Das ist natΓΌrlich vernΓΌnftig.Β«

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Bald im Fernsehen: „Pfiff der Lunge“

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AllΓΌberall wird derzeit ΓΌber eine mΓΆgliche Abschaffung des ΓΆffentlich-rechtlichen Rundfunks diskutiert. In meinen Augen nicht ganz zu Unrecht, hat man doch insbesondere bei den gebΓΌhrenfinanzierten Fernsehanstalten inzwischen strΓ€flich jenen Bildungsauftrag aus den Augen verloren, der ihr sΓΌndteures Dasein ja eigentlich erst legitimiert. LΓ€ngst ist das mahnende Fernsehspiel allΓΌberall der leichten Unterhaltung gewichen, wΓ€hrend endlose GesprΓ€chssendungen als Feigenblatt den Blick auf die ΓΌberΒ­borΒ­dende Einschaltquotenorientierung verstellen sollen. Kurzum: So kann es nicht weitergehen!

Dabei wΓ€re es doch mehr als simpel, der allgemeinen Einfalt intelligente Formate entgegenzusetzen, die zwar durchaus modern sind, der Jugend aber trotzdem den Weg zum Studium klassischer Stoffe weisen. Kurzum: Es ist wohl wieder einmal an mir, dem Abendland mit virtuoser Feder zur Rettung zu eilen. Lesen Sie hier ein Handlungs-Outline der ersten Episode meiner RΓΌckbildungs-Telenovela β€œPfiff der Lunge”, die den Stoff von Thomas Manns β€œZauberberg” ebenso unterhaltsam wie informativ aufgreift. Schon die erste Folge, so viel sei schon im Voraus verraten, hat es durchaus in sich.

Der vielversprechende, wenngleich etwas schwΓ€rmerisch veranlagte Student JosΓ© Castorp (Bachelor, Wirtschaftsingenieurwesen) macht sich eines Tages allein mit seiner Tasche aus Krokoimitat (Urban Outfitters), ein Geschenk seines Stiefvaters und Kumpels, Bankvorstand Dr. Tienappel, auf den Weg ins Sanatorium „Gourmet- und Wellness-Ressort Berghof“, einer romantisch-verwunschenen, aber liebevoll sanierten und mit modernem Spa-Bereich ausgestatteten Schlossruine in den Dolomiten und begegnet dort der oberflΓ€chlich biestigen, im Grunde aber herzensguten Krankenschwester Claire Chauchat, die eigentlich schon seit Jahren selbst unter einer Salon-TBC leidet, dies aber vor aller Welt geheim hΓ€lt, um im Kreise der Patienten den ÜbeltΓ€ter zu identifizieren, der sie als im Alter von zarten 17 in einer stΓΌrmischen Liebesnacht hinter dem Bierzelt des Bruschenvereins mit der teuflischen Lust- und Lungenseuche infizierte. Castorp fΓΌhlt sich schon beim allerersten Treffen β€œirgendwie so” zu Schwester Claire hingezogen, was er sich erst kaum erklΓ€ren kann, spΓ€ter aber auch nicht so richtig. Sie Γ€hnelt wohl ein bisschen seinem Jugendschwarm Lady Gaga. Allerdings ist Claire schon hoffnungslos mit dem NiederlΓ€ndischen Energy-Drink-Produzenten Mynheer Pieter van der Vaart liiert, was wiederum Castrops Cousin, der Social-Media-Manager HansjΓΆrg Ziemßen, zum Anlass nimmt, ihn via Messenger und Whatsapp eindringlich vor den Reizen der wollΓΌstig keuchenden Schwester Claire zu warnen, die er fΓΌr eine schlechte Partie hΓ€lt, da sie β€œnicht mal studiert” hat. Allerdings kann auch er nicht verhindern, daß die beiden Protagonisten sich beim Stationsfasching nΓ€herkommen, die nach fΓΌnf Jackie-Cola einigermaßen sturzbesoffene Claire Castorp schließlich sogar ihre Krankheit gesteht und ihm ΓΌberdies noch in derselben Nacht als Zeichen ihrer Verbundenheit ein RΓΆntgenbild ihrer Lunge in die Timeline postet, was Castorps Kommilitonen Pietro Settembrini dazu veranlasst, sie in drei seiner merkelkritischen Postings zu markieren. Das wiederum ruft Sascha Naphta auf den Plan, der in mindestens fΓΌnf antifaschistischen Gruppen aktiv ist und eine sogar selbst verwaltet. Die beiden liefern sich daraufhin ein intensives Duell in der Kommentarspalte, wΓ€hrend Castrop bereits beginnt, die VorzΓΌge des kommoden Spa-Bereichs und die ersten Anzeichen einer Wohlstands-Tropenkrankheit zu entdecken. Der Zuschauer hingegen fragt sich unversehens: Werden die beiden je zueinanderfinden – insbesondere aber: wird das alles je auch nur irgendeinen Sinn ergeben?

Wird es natΓΌrlich nicht. Freilich werden Castorps sieben Wellness-Jahre im in sieben seelenstreichelnden Staffeln trotzdem detailliert beleuchtet, wΓ€hrend die Buchvorlage die letzten sechseinhalb Jahre aus PlatzgrΓΌnden nur gerafft wiedergibt. Die Langeweile, die auch der Zuschauer unweigerlich verspΓΌrt, wenn er die Protagonisten beim Aufnehmen von Selfies, Spielen von β€œPlay to Win”-Spielen und dem posten vermeintlich metaironischer Essensbilder beobachtet, hat durchaus Methode. Denn gerade auf der alles entscheidenden Symbolebene verkΓΆrpern die in sich vΓΆllig hohlen Figuren und ihre siech-saturierte Dumpfheit in nuce auch soziale, politische und geistige DΓΌrre Europas kurz vor dem Dritten Weltkrieg. Ganz im Stile des klassischen RΓΌckbildungsdramas entwickeln sich die Protagonisten im Laufe der Handlung wieder zurΓΌck zum kleinbΓΌrgerlichen Ideal, das sich schon immer in der eigenen Filterblase genΓΌgte.

Ich erwarte stΓΌndlich die Zusage des zustΓ€ndigen Rundfunkrates!

Kategorien: Aktuelles, Erbauliches, Redliches Fernsehprogramm

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