Werte Heimseitenbesucher,
an dieser Stelle soll Ihnen die Möglichkeit gegeben werden, Ihre schönsten und herzerwärmensten Kriegserlebnisse mit der geneigten Netzgemeinde zu teilen. Schwelgen Sie ruhig in wohliger Nostalgie und lassen Sie uns allesamt an jenen Erinnerungen teilhaben, in welche Sie sonst nur mit dem innersten Kreis Ihres Stammtisches einweihen. Ich möchte selbst den Anfang machen.
Ich entsinne mich noch trefflichst, fast, als hätte es sich vor fünfzig Jahren zugetragen.
Unsere Einheit war versprengt, in ungeordneten Teilen hatten wir uns in einem Schützengraben vor Verdun verschanzt, der Engländer befand sich unmittelbar visavis. Tagein, tagaus pflegte das Artilleriefeuer über uns hinwegzupfeifen, dass es eine wahre Freude war.
Das schlimmste an unserer Situation war jedoch zweifellos: ich war der letzte überlebende der dritten Schreibstuben-Einheit, eine bestens ausgebildete Elite-Truppe heldenhafter Bürokraten.
Ohne unser Zutun wäre ein ordnungsgemäßer Kriegsverlauf kaum denkbar gewesen, ob der famose Paragraf 34 der Leipziger Schusswaffenverwesungsverordnung (Nachladeintervall mindestens 3,6 Sekunden) oder der Reichskonservendosenerlass (Rechtsdrehende Öffnung verbindlich) – wir hatten darüber zu wachen, dass auch im Kriege alles seine Ordnung hatte.
Nun befanden wir uns in diesen Tagen in einer garstigen Patt-Situation: zwar war uns der Gegner sowohl zahlenmäßig, als auch vom Munitionsvolumen deutlich unterlegen, jedoch reichten die Farbbänder meiner Reiseschreibmaschine lediglich, um einen Schützengrabenausfallbefehl mit einfachem Durchschlag zu erstellen – jeder halbwegs vernünftige Mensch wird verstehen, dass ein derart schludrig erstellter Befehl keinesfalls Rechtskraft erlangen kann. Zudem (und fast noch schlimmer) war die Stempeltinte fast aufgebraucht.
Somit blieb mir kaum eine andere Wahl, als aufs Entschiedenste auf ein Aussetzen des Angriffes zu insistieren, bis die Feldpost ein neues Farbband und Tinte zu liefern imstande war. Ganz im Sinne des Kaisers, möchte man meinen.
Jedoch bekam ich es mit dem größten Feind in den eigenen Reihen zu tun: dem garstigen Feigling, in diesem Falle mit dem Obergefreiten Hans Bestfleisch:
![[Bild: cjf7dt26z57jfx9k4.jpg]](https://i0.wp.com/666kb.com/i/cjf7dt26z57jfx9k4.jpg)
Entgegen meiner ausdrücklichen Diestanweisung wartete dieser heimtückische Lümmel schlicht ab, bis ich mich zur Ruhe gelegt hatte, um einen Angriff auf die Stellung des Feindes zu organisieren und diese sozusagen „im Handstreich“ zu nehmen.
Groß war meine Überraschung am nächsten Morgen, wie der geneigte Leser sich sicher ausmalen kann.
Nun, den Schaden hatte ich zu tragen – mühsam musste ich den in Gefangenschaft geratenen Feinden neue Waffen aushändigen, um sie abermals in ihrer Stellung anzusiedeln, welche ohne legale Grundlage eingenommen wurde – ein untragbarer Skandal für Kaiser und Vaterland.
Über den garstigen Quasi-Deserteur Bestfleisch verfasste ich indes umgehend eine gepfefferte Protestnote mit Antrag auf ein Disziplinarverfahren . Wie erfreulich, dass die Satzung hierfür bloß einen Durchschlag vorsah.
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