Wer das GlΓΌck hatte, sich noch in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts als stolzer Besitzer eines Duschbades zu bezeichnen, wird sich noch bestens an die funktionale Einfachheit einer solchen Einrichtung erinnern: Meist beinhaltete diese seit Jahrzehnten bewΓ€hrte Anlage, nicht selten eingerahmt von Fliesen in dezent gedimmten Signalfarben, alles Notwendige, was der ReinigungsbedΓΌrftige zum Abbrausen der zu SchweiΓ oder Talg geronnenen Beiprodukte des alltΓ€glichen Abnutzungsgefechts dringend benΓΆtigte.
Aus dem meist ΓΌberall sehr Γ€hnlich geformten Duschkopf schoss ein krΓ€ftiges BΓΌndel von Strahlen, deren firm auf die Haut preschende Stringenz vielleicht im ersten Moment auf den Dusch-Delinquenten einschΓΌchternd gewirkt haben mag. Zweifellos: Ein gerΓΌttelt MaΓ an Γberwindung musste, gerade an Morgen, durchaus aufgebracht werden, bevor man sich den reinigenden Fluten hingab; belohnt wurde man mit einem GefΓΌhl grΓΌndlichster Sauberkeit, das sich nur umso kathartischer ausnahm, je weiter man mit dem Strahl in die sonst kaum fΓΌr verirrte Sonnenstrahlen β und erst recht nicht fΓΌr hochnotpeinlich bohrende Finger β zugΓ€nglichen KΓΆrperritzen vorgedrungen war.
Ebenfalls ein unverzichtbares Mitglied des Bad-Inventars: der Duschvorhang, auch er ein Musterbeispiel unprΓ€tentiΓΆser PflichterfΓΌllung. Unaufgeregt erfΓΌllte er die ihm einzig zukommende Dienstpflicht der mΓΆglichst zuverlΓ€ssigen Spritzwasserminimirung (am Rade war er natΓΌrlich noch Sichtschutz) und gestatte sich dabei die eine Extravaganz, zuweilen mit einem Muster bedruckt zu sein, das in seiner ausgesuchten ScheuΓlichkeit mit den Fliesen der Marke βVilleroy & Bochβ in direkter Konkurrenz stand. Wurden die nahezu unvermeidlichen Zipperlein der Duschtextil-Vergreisung allzu manifest (meist Schimmelbefall oder unschΓΆne Kalkflecken), so schickte man den verdienten Vinyl-Behang bedenkenlos in den Ruhestand und ersetzte ihn kurzerhand durch ein fabrikneues Exemplar. Ein bewΓ€hrtes Prinzip, das beispielsweise auf dem Arbeitsmarkt seit jeher blendend funktionierte β und es noch immer tut.
Dem einst so utilitaristisch-simplen Ort der tΓ€glichen Bebrausung war eine solche Konstanz hingegen keineswegs vergΓΆnnt. Vielmehr erlebte er einen Wandel von erstaunlicher RadikalitΓ€t, der bei nΓ€herer Betrachtung in krassem MissverhΓ€ltnis zum angenehm betulichen Reformstau deutscher PrΓ€gung steht.
Die Misere beginnt bereits beim Duschkopf, der weiland noch selbst den bockbeinigsten Klabusterbeer-Strauch mΓΌhelos mitsamt der Wurzel hinfortbrauste. Heutzutage begegnet dem Reinigungsbeseelten meist ein ΓΌberdimensioniertes, lΓΆffelΓ€hnliches Konstrukt, dem ein lauer TrΓΆpfelregen entweicht, nicht ganz unΓ€hnlich dem zΓΆgerlichen Urinfluss eines Prostata-Patienten. Ob das erklΓ€rte Ziel, nΓ€mlich ein βWohlfΓΌhlerlebnis fΓΌr KΓΆrper und Seeleβ, dabei erreicht wird, sei einmal dahingestellt. Fakt ist jedenfalls: ohne eine WurzelbΓΌrste wird nicht einmal der KΓΆrper, erst recht nicht die Seele sauber.
Seinen unbestrittenen Gipfel erreicht der zivilisatorische Regress allerdings mit jedem Unding, welches uns die Folterknechte der modernen Badgestaltung uns als Spritzwasserschutz zudenken. Ganz einerlei, ob im heimischen Bad die DuschmΓΆglichkeit auch als Badewanne fungiert, oder eine dezidierte Kabine vorhanden ist: fast ΓΌberall musste der altbewΓ€hrte Duschvorhang einem wie auch immer gearteten Plexiglas-Konstrukt weichen, mit ΓΌberraschend weitreichenden Konsequenzen. Denn nicht nur sind diese Kabinen Aufgrund ihrer fast vollstΓ€ndigen Durchsichtigkeit schon als Sichtschutz vΓΆllig ungeeignet β sie sind auΓerdem HΓCHST anfΓ€llig auf Spritzwasser jedweder IntensitΓ€t. Nahezu jeder Tropfen, der sich auf die GlastΓΌr verirrt, hinterlΓ€sst einen unschΓΆne KalkrΓΌckstΓ€nde, die sich im groΓen Ganzen nach etwa einer Woche zu einem schmutzig-milchigen Film auf der TΓΌroberflΓ€che verdichten.
Doch der Badkonstrukteur moderner PrΓ€gung hat selbstverstΓ€ndlich auch fΓΌr diesen MiΓstand eine gewitzte LΓΆsung erdacht. So trifft es sich, daΓ sich inzwischen in nahezu jedem Duschbad eine dieser GerΓ€tschaften findet, die man sonst hauptsΓ€chlich im Repertoire eines Fensterputzers vermutet, hier einmal behelfsweise βAbzieherβ genannt. Meist wird das Utensil von der umtriebigen Hausfrau an taktisch wohl gewΓ€hlter Stelle platziert, um auch den Gast subtil an das erste und oberste Gebot des modernen Duschens zu gemahnen, das da in Kalk gemeiΓelt lautet: βDU SOLLST DIE DUSCHKABINE GLEICH NACH DEM DUSCHEN ABZIEHENβ.
Und so sieht man sie allenthalben abziehen, honorige Herrschaften, Doktoren, Professoren gar: wie begossene Pudel stehen sie in ihren Duschen, nackt und frierend verrichten sie die ihnen vom Massengeschmack auferlegte, traurige Fron. Und sollten dereinst die Maschinen vermittels kΓΌnstlicher Intelligenz ein Bewusstsein erlangen, so ist es wohl ihr GlΓΌck, daΓ ihnen zur KΓΆrperhygiene ein FlΓ€schchen Metall-Politur ausreicht. Die Reinigung der Plexiglas-Kabinen bleibt wohl auch dann der versklavten Menschheit ΓΌberlassen β dieser Vorgang ist selbst fΓΌr eine Automatisierung zu dΓ€mlich.
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